Weitere Arbeiten (Auswahl)
Unmaking grounds
Installation, 2022
Ehemaliger Supermarkt “Plus” in Gröpelingen, Bremen
Materialien
Skulpturale Objekte in wiederkehrender Form aus Gips, sowie aus Ton beschichtet mit Gips.
Großverpackungen aus Papier des lokal angesiedelten Unternehmens “Roland Mühle”.
Gummibänder, etwa 40kg Gips sowie Schutt aus der Gießerei der Hochschule für Künste Bremen.
Buch “Brand- und Explosionsschaden Bremer Rolandmühle am 06.02.1979“– ein offizieller Bericht der Stadt Bremen über den Explosionsunfall, sowie Auswertung zu Hergang, Auslösung und Laborversuchen zur genauen Abschätzung der Risikofaktoren.
Simit- Brot in wiederkehrender Form, bestellt bei “Lavash Brot”, Gröpelinger Heerstrasse 223.
Einzelner aufgebrochener Glasbaustein, Eierschalen
[ ] – [ ] ?
Der Ursprung dieser Arbeit war eine Frage – nicht eine Frage, sondern der Impuls dazu. Keine bestimmte Fragestellung, sondern eine variable bzw. das, was sich zwischen den Variablen befindet- das Fragezeichen. Diese Form hat mich immer wieder eingeholt, sich dabei gewandelt und auch gedreht – zu einem S.
Ge(wicht(igkeit), Abhängigkeiten, Signifikation und Besetzung, In-Wertsetzung und Valorisation -sind Themen, mit denen ich mich, daran angeknüpft, in der Auseinandersetzung befand. Mein Prozess fand allerdings eine Unterbrechung im Zusammenhang mit dem Anfang des Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022. Eine geschützte Umgebung für eine Aushandlung dieser Zusammenhänge über Form und skulpturale Praxis war nicht mehr gegeben und ein guter Grund für einen so abstrakten Gegenstand ebenso wenig.
Stattdessen entstand eine Installation, die als willkürliche Dislokation verschiedene Ort- / Zeitlichkeiten, Materialien und Formen der Gewalt in einem Raum zusammenbringt, wo sich ineinander einstürzen und sich überlagern zu Mustern, welche die implizierten Themen verbinden.
Neben den skulpturalen Elementen sind große Papierverpackungen der ansässigen “ Roland Mühle“ (die man auch aus dem Fenster der Hochschule für Künste sehen kann) und die suggerieren die Mengen an weißem Pulver im Raum wären Mehl – eine Ressource um die man zu dieser Zeit besorgt war und im Supermarkt leer kaufte - sowie das Band “Brand- und Explosionsschaden Bremer Rolandmühle am 06.02.1979“ Bestandteil des Aufbaus. Dieses verweist auf das historische Ereignis - die „schwerste Explosion seit dem [zweiten Welt-] Krieg“: eine Mehlstaubexplosion, die durch Aufwirbelung von Mikropartikeln entsteht und weltweit nur einige Male vorkam. 14 Menschen kamen in Bremen in diesem Zusammenhang ums Leben. Auch die Installations-Anordnung von Gips, gipsgefüllten Mehltüten und Gießerei-Geröll aus der Kunsthochschule, verweisen darauf, sich in der Szenerie eines Unglücks zu befinden.
Zur Vernissage kommt ein weiteres Element - bei der nahegelegenen türkischen Bäckerei „Lavash“ bestelltes und in denselben Formen wie die Gipsskulpturen angefertigtes Simit-Brot – zum Aufbau hinzu und wird durch das Essen durch Teilnehmer*innen aktiviert.
Die Wiederholung der S/? - Form verbindet den, im Installationsaufbau erweckten, Eindruck von Zerstörung und Verlust mit dem gemeinschaftlichen Moment des kollektiven Essens und der üblich heiteren Stimmung von Ausstellungseröffnungen und wirft so die Frage von Solidarität auf. Solidarität als Frage, die vielleicht auch nur als transitiv zu verstehen ist aber, ebenfalls wie das Brot, dazu von jemandem hergestellt werden muss.
"Ich habe nichts zu sagen [hier ]" / "[Here] I have nothing to say"
Installation, 2022
HfK Ausstellungsboot “Dauerwelle” angelegt Nähe Bürgermeister-Smidt-Brücke, Bremen
Materialien
3 Skulpturen aus Rohmetall - hohl und schwarz lackiert.
Soundarbeit - zweispurig mit jeweils verschiedenen Aufnahmen und offenem, sowie Kopfhörer - Sound.
Skulpturale Elemente aus gebogenem Plexiglas.
Seile und Befestigungselemente aus dem SchiffSalzsäure, Lackmuspapier, Stift.
Plastiktrichter
Manchmal sagt man lieber gar nichts. Das Schweigen also – schafft es Platz oder ist dieser Raum schon besetzt und vorbestimmt? Kann man dort atmen?
Eine Untersuchung in Form und Sound zu den Grenzen, die Stille und Schweigen umreißen und welche Räume sie aufmachen können.
Die Grenzen des Ausstellungsraumes [ der konkrete Raum dieser Installation: das „Ausstellungschiff Dauerwelle“, zentral und öffentlich sichtbar in der Weser angelegt (: eine Frage nach Sichtbarkeit und Grundbedingungen in Verbalisierung und Diskurs), sowie der Eingrenzung der Sphäre Bildender Kunst mit der Exponiertheit von Ausstellungs-Objekten gegenüber Gebrauchsgegenständen der stummen Alltäglichkeit des „nackten“ Lebens ] werden nachgezeichnet und ausgelotet, indem sie in der Spiegelung und Vervielfachung von Elementen im Raum widerhallen.
Diese Formen der In- /Exklusion finden sich wieder in den [ skulpturalen Metallgestellen: [ zerteilten Rahmen-Elementen von Framings. Deren matt schwarze Farbe und minimal stilisierte Form erinnert an Typographie und bringt räumliche Grenzen mit Text- und Sinnproduktion in Verbindung.
Den tubulären Gestelle sind ovale Öffnungen eingefräst, die sie zum „Sprechen“ öffnen und visuell an gängige metallene Mülltonnen, Gefäße für das „Abtrünnige“ und „Abjekte“ des Stadtraums, erinnern. Da diese hohl sind, können Leitungen durch die Skulpturen verlaufen und die Rechteckigen Klammerformen aus Dreikantrohr ihnen mobil aufgesteckt werden, sodass sie ihre Blickrichtung ändern können.
Drähte verlaufen durch eine der Metallklammern und beherbergen so den Aufbau einer 2-spurigen Soundarbeit.
Soundspur 1 ist offener Sound, der mithilfe eines Verstärkers kontinuierlich aus einer ovalen „Sprechöffnung“ des metallenen Röhrenkörpers austritt: (Rieseln und Ausströmen einer Altbauheizung, unterbrochen von einer wiederholten Sequenz von Klopfgeräuschen, gegen den ebenfalls metallisch klingenden Heizungskörpers)
Soundspur 2 ist zu hören über Kopfhörer, sobald man diese aufsetzt und in eine Klinkenbüchse, auf der Innenseite der Klammerform, steckt. [ Zu hören ist dann das Atemgeräusch eines Tauchers, unterbrochen durch schrill hallendes Sonar. [ Der Offene Sound verstummt dabei, bis die Kopfhörer wieder diskonnektiert sind. Auf diese Möglichkeit wird die/der Betrachter*in einem kurzen Hinweis verwiesen.
Auch wird man bei der zweiten „Klammer“ darauf verwiesen die kleinen Zuschnitte von Lackmus-Papier (welches den Säuregehalt einer Flüssigkeit, in die es getaucht wird, durch Verfärbung sichtbar macht) dazu verwenden zu können Dinge aufzuschreiben, die sie Verschweigen mussten oder wollten und dann gegebenenfalls in der Säure (HCI in etwa 1%er Konzentration entsprechend der menschlichen Magensäure - verdampft sie im Verlauf der Installation Flüssigkeit steigt der Säuregehalt) aufzulösen, mitzunehmen oder aufzubewahren (:in dem angefügten Bogen aus Acrylglas, der transparent und horizontal wie ein doppelter Boden über dem Bauch des Ausstellungsschiffes schwebt. Diese (Acrylglas) Form wiederholt sich vertikal in der Doppelung eines Fensters, an dessen Außenseite sie unmittelbar angebracht ist. Durch das gegenüberliegende Fenster ist von Innen ein weiterer schwarzer Metallkörper zu sehen – diese*r ohne die obere Rahmenform. Außen steht es als Zeuge ohne Kopf aber – unter manchen Lichtverhältnissen – mit dem reflektierten Gesicht der Betrachtenden. Im Hintergrund die Weserpromenade und Innenstadt.
Immer wieder ist ein Klopfen zu hören [ -- . [
I am in [ ] I represent [ ]
öffentliche Geste,
durchgeführt in den Besucher*innentoiletten der Kunsthalle Baden Baden, 2021
Material
Gedruckte Karten mit Cut-Out, 100 Stück DIN A6.
Stifte.
Die Arbeit entstand im Kontext und als Reaktion auf die Ausstellung „Conditions of a Necessity“ Ausstellung in der Kunsthalle Baden-Baden – eine Gruppenausstellung die Kunst- und Theaterklassen aus Deutschland im Winter 21/22 dazu einlud mit „nicht-individualistische Formen des Schaffens, kollektiv bestimmte Formen der Organisation, der Kommunikation und der kollaborativen Entscheidungsfindung“ ( kuratorisches Statement des Kunsthalle Baden Baden) zu arbeiten.
Anstatt eine Arbeit in dem Raum unterzubringen, der der Klasse, mit der ich teilnahm, zugewiesen wurde, nutzte ich stattdessen die binären öffentlichen Toiletten der Institution. Ich druckte 100 Karten in Postkartenformat und platzierte diese mit ein paar Kugelschreibern in den Kabinen, bei den Waschbecken und den Unterschriftenlisten für Putzkräfte, die sich gegenüber den Badezimmerspiegeln befanden und sich in das Spiegelbild einfügten.
Die Gestaltung war folgende:
Ich spiegelte digital einen Ausschnitt des Veranstaltungsposters – das zufällig passenderweise in den Farben Blau und Magenta designt worden war – bei dem die Schriftzüge mit dem Eröffnungsdatum und „KLASSEN AUS“ in Schriftgröße hervorstach. Andere Gestaltungen befanden sich nur auf der Rückseite:
I AM IN _____
I REPRESENT
[ ]
Das untere “Eingabefeld” sowie das „I“ in der ersten Zeile bilden als Cut-Outs potenzielle Öffnungen zu anderen Flächen: Schrift, Bild, Haut oder Wand.
Ich machte diese Intervention nicht öffentlich aber wies Personen, wenn sie fragten, darauf hin es gerne mitzunehmen und beispielsweise als Lesezeichen zu verwenden.
Die gespiegelten Karten – die sich in den Toilettenräumen im Bild wieder zuwandten – spiegeln Prozesse, die ich im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung beobachtete und implizieren eine Umstülpung – die außen angebrachten Ausstellungsposter sind, wie hinter einer Glasscheibe – nun „umgekehrt“, da man sich im Inneren befindet.
Das verweist mehrfach auf die Konstruktion einer Grenze und somit eines Innen und Außen gegenseitig definierten Kategorien. Interessant war für mich auch der Zusammenhang von Zugehörigkeit und Identität, sowie deren Entstehungsprozess in der Spiegelung. Wie bei manchen Badezimmerkonstruktionen können diese eine Endlosschleife bilden, die Bilder immer nur gegenseitig bestätigt und reproduziert.
Personen, die sich körperlich, institutionell oder sozial „in“ etwas befinden (einer Universität, Klasse, einem Nationalstaat oder einer prädeterminierten Räumlichkeit) werden dadurch definiert sozial – und ebenso diejenigen, die „draußen“ sind. So werden Personen beim bei dem Betreten einer binären Toilette durch diese räumliche Zuweisung ge-gendered und angenommene Widersprüche zur cissexistischen Lesart -man sei „in der falschen Toilette“ oft transphob angegriffen.