Programm des Laboratoriums
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Hält für Tage | Eine Behandlung und eine Beobachtung Aktion von Birgit Brenner und Andrea Stahl | Lichthaus | Sa 4.10.97 | 20:00 |
Frankenstein The Man who made a Monster (1931) | Filmvorführung vorher einige Bilder aus Frankenstein (1910) | Kino 46 |
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Videopräsentation und Vortrag von ORLAN
mit Kommentaren von |
Lichthaus | Sa 18.10.97 | 19:00 |
Virtuelle Menschen | Videopräsentation und Vortrag von Nadia Magnenat-Thalmann |
Städtische Galerie | Mi 22.10.97 | 20:00 |
Carne per Frankenstein | Filmvorführung von Andy Warhol´s Frankenstein ( 1973) | Kino 46 | Fr 24.10.97 | 22:30 Sa 25.10.97 | 22:30 So 26.10.97 | 18:30 |
Alraune (1927) |
Filmvorführung mit Klavierbegleitung Marie-Louise Bolte | Kino 46 | Fr 31.10.97 | 20:30 |
Symposium im TheaLit 1.-2.11.97 |
Samstag, 1.11.1997 |
Der Körper des Künstlers/ der Künstlerin: Subversion oder Affirmation medialer Repräsentationen im Kontext von Künstlermythen |
Vortrag von Sigrid Schade-Tholen |
Leben am Faden Von der Marionetten-Kunst Kleists | Vortrag von Marianne Schuller |
Gebärden im Computer Kleists Marionette, Mareys Bewegungsbilder und der Dataglove zur Gebärdenspracherkennung |
Vortrag mit Bildern von Ulrike Bergermann |
Digital Eingetragenes Warenzeichen | Vortrag von Renate Lorenz |
Viren Wahre Geschichten von Körpern und Mutationen |
Vortrag von Claudia Jost |
Artificial Life - lebende Computer-Spiele als Modelle der Natur? |
Einführung Video und Computer-Experimente von Claudia Reiche |
Sonntag, 2.11.1997 |
Visible Human ProjectTM | Vortrag mit Video- und CD-ROM Präsentation von Claudia Reiche |
bodyscan | Computerpräsentation von Eva Wohlgemuth |
Crash der Untoten | Vortrag mit Videobeispielen Anja Overdiek |
Geisterleben, Menschenessen Die kannibalische Ordnung und ihre magische Wirkung |
Vortrag von Andrea Sick |
Neue Lebensformen im Netz | Vortrag und Demonstration von Helene von Oldenburg |
Birgit Brenner &Andrea Stahl Hält für Tage Eine Behandlung und eine Beobachtung.
"Für den Kontakt mit der normalen menschlichen Haut bestehen keinerlei Bedenken." In einem improvisierten Tattoostudio werden verschiedene Begriffe als Hautschmuck angeboten. Das offerierte Sortiment ist auf wasserlöslicher Basis aufgebaut, abwaschbar, allergiefrei und umfaßt Worte wie entseelt, aufgeblät, vollgestopft, durchblutet. Couragierte Anwesende erhalten die Möglichkeit, ihre Haut von fachkundigem Personal beschriften zu lassen. Die Wortwahl erfolgt aufgrund persönlicher Entscheidungen der Probanden. Nach Festlegung ihrer Kennung finden sich die Versuchsteilnehmer in einer Gruppe mit anderen Begriffsträgern wieder, die sich für die gleiche Formulierungentschieden haben. Die gewählten Begriffe werden nach Häufigkeit im Anschluß an die Aktion statistisch ausgewertet. Darüberhinaus wird die Gesamtsituation durch das Objektiv einer Überwachungskamera gesehen und an verschiedenen Schauplätzen schemenhaft aufgelöst übertragen. Die Verbildlichung der Anwendungen macht die Zuschauer zu Mitwirkenden, zu Bestandteilen eines bewegten Tableaus. Eine Behandlung und eine Beobachtung
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Frankenstein The Man who made a Monster "If you have a weak heart and cannot stand intense exitement or even
shock, we are advising you not to see this production", warnte die Universal.
"If, on the contrary, you like an unusual thrill, you will find it in Frankenstein."
Eine ungewöhnliche Sensation ist diese erste Tonfilmversion des Frankenstein-Themas
noch immer. Geht es doch schlicht um den Horrorfilm der 30er Jahre, der
mit dem wiedergefundenen Prolog gezeigt wird, einer "freundlichen Warnung"
an das Publikum. Der Klassiker erzeugt indes den größten Schrecken
vor dem aus Leichenteilen zusammengeflickten, verheerenden Monster gerade
indem er die Unschuld dieses "künstlichen Menschen" herausstellt.
Die sonderbar "seelenvolle" Darstellung Boris Karloffs bringt es
mehr als Opfer denn als Täter in Erscheinung und potenziert die filmische
Inszenierung. Deren Wirkung verdankt sich nämlich weniger der Darstellung
grausamer Details als der stilsicheren Schilderung einer verdichteten Atmosphäre,
in der Ungeheuerliches wie selbstverständlich geschieht. Gespielt
wird eine rekonstruierte Fassung, in die bisher zensierte und verschollene
Schlüssel-Szenen wieder eingefügt sind, z.B. das Ertrinken des
kleinen Mädchens.
Die Maske von Jack Pierce
aus einem Artikel von Helene Weigel Brown im "Picturegoer" 23. April 1932 |
ORLAN
dies ist mein Körper ... dies ist meine Software Intervention "Wahrnehmung: Jetzt kann ich meinen eigenen Körper offen sehen,
ohne zu leiden! Ich kann mich bis auf den Grund der Eingeweide sehen: neues
Spiegelstadium. "Ich kann das Herz meines Geliebten sehen und seine herrliche
Zeichnung hat nichts zu schaffen mit dem symbolischen Getue gewöhnlicher
Zeichnung." - Chérie, ich liebe deine Milz, ich liebe deine Leber,
deine Bauchspeicheldrüse bete ich an und die Linie deines Schenkelknochens
erregt mich." (Orlan, L´Art Charnel)
Mit Kommentaren von:
Dolmetscherin: Gudrun v. Vivis
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Andy Warhol´s Frankenstein Carne per Frankenstein Deutschland - Frankreich - Italien 1973, 94 min, color, OF Regie: Paul Morrisey Darsteller: Udo Kier, Joe Dallesandro, Monique van Vooren, Srdjan Zelenovic, Dalila di Lazarro u.a. "Campy and disgusting!", mit diesem und ähnlichen Ausrufen wird das monströse filmische Werk von Paul Morrissey immer wieder bedacht.
Und das ist noch zaghaft formuliert, denn kaum ließe sich eine
herrlicher geschmacklose, sexualisierte und formal wie inhaltlich gewalttätigere
Variante des Frankenstein-Stoffs vorstellen. Für das Originalformat
"Space Vision" konzipierte räumliche Effekte lassen literweise Filmblut
aus unzähligen abgeschnittenen Gliedmaßen und Köpfen in
die Kamera und fast in die Kinoreihen spritzen. Und dabei geht es wesentlich
um körperliche Schönheit, aber eben nur darum: die fixe Idee
des Forschers Frankenstein, ein ideal schönes, künstliches Menschenpaar
aus Leichenteilen zu schaffen. Sein eigenes Adam-und-Eva-Paar soll die
klassische Schönheit der serbischen Rasse vollendet verkörpern
... Daß am Schluß nur die mordgierigen Kinder dieses Paares
überleben werden, wird nach der Anlage des Plots nicht weiter verwundern
- "horribly stylish", "häßlich und genial" oder "der Horror - Hit des Jahres..."?
Inhaltsangabe des Horror - Hit des Jahres 1973 und noch mehr |
Alraune
(Deutschland, 1927/28, 136min, s/w, stumm) Regie: Henrik GaleenBuch: Henrik Galeen nach dem Roman von Hanns Heinz Ewers 1911 Darsteller: Brigitte Helm, Paul Wegener, Ivan Petrovich, Mia Pankau, Georg John, Valekska Gert u.a. Klavierbegleitung: Marie-Louise Bolte Professor ten Brinken beschäftigt sich seit Jahren mit dem Problem
künstlicher Befruchtung. Es gelingt ihm mit dem Samen eines soeben
Gehenkten eine Prostituierte zu schwängern, die bei der Geburt ihr
Leben verliert. Doch ein künstlicher Mensch ist geschaffen: Alraune.
So nennt der Professor das Mädchen in Anlehnung an die mittelalterliche
Sage der zum Leben erweckten Alraune - Wurzel, botanisch der Familie der
Nachtschattengewächse zuzurechnen. Das Mädchen Alraune, unwiderstehlich schön, gefühllos und grausam, ruiniert alle Männer, die ihren Weg kreuzen. Nachdem sie das Geheimnis ihrer Herkunft erfahren hat und sich vernichtend am Professor gerächt hat, endet die bisher katastrophische Linie der Handlung überraschend und unmoralisch mit einem Liebesglück für Alraune.
Rudolf Arnheim , März 1928 ...über den Film |
Ulrike Bergermann
Gebärden im Computer Kleists Marionette, Mareys Bewegungsbilder und der Dataglove zur Gebärdenspracherkennung Warum tote Buchstaben benutzen, wenn der Körper selbst sprechen kann? So könnte in zehn Jahren die Werbung für neue vernetzte Kommunikationstechniken lauten, die die Grenze von Virtueller Realität und Realität aus dem Blickfeld rücken will - und sie dadurch bestätigt, anstatt etwa den Begriff "Realität" zu verschieben. Ein nahtloses Eintauchen verspricht vor allem die Eingabe durch Gebärden: der Körper fällt in der digitalisierten Videoaufnahme optisch zusammen mit dem Inhalt der Dateneingabe, kann als Avator mit "eigenen" Bewegungen "fremde" Körperbilder steuern, er kann mittels Gesten / Gebärden im Cyberspace navigieren und Gegenstände manipulieren - und in der Gebärdensprache der Gehörlosen komplexe Inhalte durch codierte Bewegungen mitteilen. Wie der bewegte, abgebildete Körper als Zeichen jeweils Präsenz statt der gefürchteten digitalen Auflösung des Subjekts verspricht - oder aber: wie seine Abbildung zeigt, daß er allererst Produkt seiner Abbildung ist, wird an Beispielen aus der Geschichte der Bewegungsnotation von Kleist über Marey bis zu aktuellen gesture recognition interfaces verfolgt. Bewegung und Geschlecht in Kleists Marionettentheater und in Bildern von Virtueller Realität |
Renate Lorenz
Digital Eingetragenes Warenzeichen "Wir manipulieren Bildaussagen dank Photoshop und manipulieren Lebensprozesse dank Gentechnologie" - "Versuchskaninchen - Bilder und andere Manipulationen", Museum für Gestaltung Zürich Überlegungen zu einer Ausstellung und den sie begleitenden Texten, die Ähnlichkeiten zwischen Computer- und Gentechnologie feststellen. Über das Modische einer Beschäftigung mit Technologie und ihrer Ästhetik hinaus wird Wissen über Technologie kulturell festgeklopft, aus dem nicht-zufälligerweise bestimmte Perspektiven ausgeklammert bleiben: auf unterschiedliche industrielle Interessen und daran geknüpfte Verkaufsstrategien oder die institutionellen Kämpfe, aus denen dieses Wissen entsteht. Über Erkenntnismöglichkeiten in einem "digitalen Zeitalter" nachzudenken, setzt Technologie als gesellschaftlichen state of the art, nicht als eine Investition, gegen die Widerstand noch möglich ist. wie das medientheoretisch abgeleitete Konzept von "Sehen" als Erkenntnismöglichkeit und der "neutrale" Informationsbegriff der Ausstellung deren kritische Strategie und Pluralismus als ihre Methode rechtfertigen. wie sich eine technikkritische, feministische Perspektive - etwa hinsichtlich dieser Ausstellung - auch außerhalb einer Thematisierung der Geschlechterverhältnisse einnehmen läßt. Flyer GAME GIRL, Zürich + München 1994 ABWERTEN (bio)technologischer Annahmen
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Eva Wohlgemuth
bodyscan Computerpräsentation Im Februar reiste ich nach Monterrey, Californien um meinen Körper
zu kartieren. Die x,y,z -Koordinaten von 285.000 Körperpunkten wurden
abgenommen. Das Resultat ist ein Bodyscan, der die Oberfläche des
Körpers beschreibt. Ich existiere fortan als digitales Datenobjekt,
auch im Internet (http:thing.at/bodyscan).
Der "I-'node'" ("Ich - Knoten") Christina Lammer-Laufenstein: über Eva Wohlgemuth´s bodyscan |
Andrea Sick
Geisterleben, Menschenessen Die kannibalische Ordnung und ihre magische Wirkung Die rituelle kannibalische Handlung wie sie in Diskursen der Psychoanalyse, Ethnologie, Theologie und moderner Kosmologie sowie auch in Märchen bis heute beschrieben wird, ließe sich mit folgender Formel zusammenfassen: Der Körper eines Menschen wird aufgegessen, um die geistigen Kräfte und Eigenschaften dieses Menschen abzuwehren oder sich anzueignen. Ein Verfahren, das eigene Weiterleben zu sichern oder zu verlängern. Vorraussetzung für die Entdeckung dieser Ordnung, ist die Entdeckung der Seele als des geistigen Prinzips im Menschen, letztendlich eine Beseelung der ganzen Welt, oder wie Freud schreibt "ein animistisches Denksystem", in dem die Geister leben. Die beschriebene orale Topologie ermöglicht ein sich Einverleiben der Geister. Medium ist der Körper, "Fleisch und Blut". Das Weiterleben, das heißt auch die "therapeutische" Wirkung des Kannibalismus, kann aber nur gesichert werden, wenn das Aufgenommene wieder zur Erscheinung wird, wenn in der Metaphorik der Photographie gesprochen: die Kamera frißt, was sie dann wieder projeziert. Erst der Übergang zu einer anderen Topologie, der der Produktion und Hervorbringung, garantiert das Leben und so einen Geisterverkehr. Der "heilbringende" Kannibalismus wäre ein Übergangsphänomen, welches sich geradezu anbietet, die Strukutr von modernen kosmologischen Auferstehungsphantasien offenzulegen. |
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