Melanie Brazzell
Imagining Safety Beyond Security
Bonnie Fortune, Lise Skou, SOPHIA SEITZ-RASMUSSEN
(The Household Studio)
Adam Smith’s Mother
ALEX GIEGOLD UND TOMKA WEISS
Giants
MAREN GRIMM
ART – Allround Repair Technology
CARLA HABEL UND KORNELIA HOFFMANN
Aus der unmittelbaren Unwirklichkeit
ANA HOFFNER
I’m too sad to tell you, Bosnian Girl!
EDITH ERTL-HOFINGER UND BIRGE KRONDORFER
Die »Frauenhetz«. Feministische Bildungsstätte und Frauenraum in Wien.
Eine inszenierte Vortragung
METTE KIT JENSEN
Flâneuse
LILLA KHOÓR
I thought I missed the place…
POLONCA LOVŠIN (Obrat Culture and Art Association)
Beyond a Construction Site
LENE MARKUSEN
Flyer
NADJA MAURER
Zur Anthropologie der Sicherheit
Vanessa Nica Mueller UND Anna Lena Grau
Vier Wände – Four Walls
HELENE VON OLDENBURG
Sneak-in. Eine neue urbane Lebensform
JELKA PLATE
Rekonstruktion des Berliner Schlossplatzes nach Plänen der Urlandschaft
5.000 Jahre vor unserer Zeit
RAHEL PUFFERT
Schutzräume für Bildung
RENA RÄDLE UND VLADAN JEREMIĆ
Out Praxa
CLAUDIA REICHE
Das Intervall als Schutzraum
VIOLA RÜHSE
Siegfried Kracauers Suche nach einem ideellen Refugium
Z. SCHMIDT
Audioinstallation
SIR MEISI (RUBY SIRCAR UND WOLFGANG MEISINGER)
Der Geheime Garten
ANNA SZIGETHY
Frauen, Hauskleider
SUZANNE TREISTER
To The Council And Participants Of Schutzraum Laboratory
LAILA UNGER
Schlafwerkstätte
ANNETTE WEHRMANN
Luftschlangen-Texte
ANNA-LENA WENZEL UND SILKE NOWAK
Die privaten Schutzräume der Verena Pfisterer
Mai’a Williams
Safe Space in Revolutionary Contexts
Melanie Brazzell
Imagining Safety Beyond Security
The word »Sicherheit« contains within it two duelling meanings: safety and security. Claims to safety, the oft-feminized affective state, have oft been mobilized to justify regimes of security and repression. I will trace how, despite a critical stance towards the State, women-lesbian-trans* spaces in Berlin unwittingly reproduce security regimes in their discourses on safety through the tropes of borders, avoidance, and victimization.
Wendy Brown’s work illustrates the unintended dangers of privileging suffering in our radical politics, as oppressed persons represent themselves as victims in need of protection, often in the form of physical and affective borders. What kind of subject is produced through the metaphor of the border, and is policing necessary to make this subject safe? Who are FLT* spaces safe for, after all? Ongoing critique of classist and racist privilege within such spaces leads one to wonder if the borders initially meant to keep cis-men out also unintentionally exclude others.
How can the work of Generative Somatics and community accountability allow us to reconceptualize safety and emancipate it from neo-liberal gestures of security? «
Bonnie Fortune, Lise Skou, SOPHIA SEITZ-RASMUSSEN
(The Household Studio)
Adam Smith’s Mother
The Household Studio`s performative lecture, titled: »Adam Smith’s Mother«, focuses on gender and economy. Taking a perspective of feminist critique we return to the household of Adam Smith, as he is writing the foundational text on the study of contemporary economics, The Wealth of Nations. Smith’s writing took place in the safe space of his mother’s house-his domestic needs, cooking, cleaning, etc. were taken care of by her labour. We are interested in returning to this theoretical oversight–the point where Smith neglected to account for the hidden economy of the household while developing his ideas on free market economies that continue to shape today’s economic theories. We want to look at the hidden economies of the home (a perceived retreat and safe space) as non-capitalist sites and discuss how focusing on these hidden economies, might shape an understanding of a future beyond capitalism, or at least produce a more nuanced understanding of contemporary economics. We are inspired by feminist critiques of economics: The End of Capitalism (As We Knew It), J.K. Gibson-Graham; Caliban and the Witch, Silvia Fredirici, and Feminism Without Borders, Chandra Talpad Mohanty. «
ALEX GIEGOLD UND TOMKA WEISS
Giants
Zentrales Thema der Installation sind menschliche Körper, deren scheinbar fluide Größe und die Machtstrukturen, die sie schrumpfen oder wachsen lassen. »Giants« besteht aus Fotomontagen und Textfragmenten.
Die Fotomontagen visualisieren in das Selbstbild eingeschriebene Erfahrungen, die die Wahrnehmung der eigenen Körperdimensionen verzerren. Die Körper werden zum Schutzraum ihrer selbst und schaffen Räume, die die Gesellschaft nicht bieten kann.
Die ausgestellten Texte machen die versuchte Kommunikation mit den Urheber_innen dieser undimensionierten Körperlichkeit erfahrbar.
»Giants« setzt dieses Gefühl von Undimensioniertheit in einer Gesellschaft, die stets vom heterosexuellen, gesunden, weißen Cis-Körper ausgeht um. Die Arbeit möchte mit ihren überbordenden Körpern den Raum sprengen und Platz schaffen für neue Diskurse. «
MAREN GRIMM
ART – Allround Repair Technology
Ein Haus, in dem Menschen leben und arbeiten, ist ein geschützter Raum.
Ein vom Abriss bedrohtes Haus stellt die Menschen, die in ihm leben und arbeiten, vor existentielle Fragen. Am Beispiel der Buchheisterstraße 8 auf Steinwerder im Hamburger Hafen lässt sich ein solcher Umstand skizzieren.
Die ART – Allround Repair Technology, ein ehemaliger Schiffsbaubetrieb, wird im Mai 2013 von zwei Künster_innen übernommen. Die Gegenspieler dieser Firma sind die Hamburg Port Authority und ihre Abrissbagger. Wird das unternehmerische Geschick der neuen Geschäftsführung es schaffen, sich gegen diesen Gegner zu behaupten?
In der Verknüpfung von »art« und dem Serviceversprechen »allround repair technology« formuliert sich zunächst einmal ein unternehmerisches Verständnis von Kunst als Auftrag und Dienstleistung für eine Gesellschaft. Ein Denken, das universell ansetzt und von einem offenen Raum an Möglichkeiten ausgeht – »allround«. Man könnte sagen, dass darin eine grundsätzliche Zuständigkeit für »alles« formuliert ist, was gleichermaßen pragmatisch wie utopisch ist. In Verbindung mit »repair« kommt der Aspekt hinzu, sich mit dem, was da ist, auseinanderzusetzen und es zu bewahren, wodurch Nachhaltigkeit als ethisches und ökonomisches Grundverständnis implementiert ist. Der Begriff der »technology« erdet das Ganze im Feld eines vernunftorientierten Denkens, in dem dieser Begriff Kunst, Handwerk und Wissenschaft verbindet. «
CARLA HABEL UND KORNELIA HOFFMANN
Aus der unmittelbaren Unwirklichkeit
Ein Schutzraum bietet Sicherheit vor etwas. Doch nicht jeder von uns genutzte Raum ist auch ein Schutzraum. Ein Raum kann auch zu einer Zelle werden, der die Menschen einengt und einsperrt. Der Schutzraum wird negiert und in sein Gegenteil verkehrt. Bietet er Schutz oder lauert in ihm Gefahr? So wird aus einem Schutzraum ein subjektiver Ort der Schatten und der Furcht.
In unserem Arbeitsvorhaben bauen wir einen Raum nach einer literarischen Vorlage aus Holz nach. Die Funktion des Ortes ist dabei offen und kann sowohl ein Schutzraum als auch dessen Gegenteil sein. Der Nachbau besteht aus beschriebenen Gegenständen als auch aus dem Versuch die Atmosphäre des Textes und des Raumes zu vermitteln. Der Raum ist ca. 3x3 m groß und passt sich in eine Ecke des Ausstellungsortes an. Die Eckwände des Bunkers werden Teil der Installation sein und verstärken den amorphen Charakter des Raumes. Neben der Installation wird es eine Soundarbeit geben, die die Atmosphäre des Raumes noch weiter verstärken wird. «
ANA HOFFNER
I’m too sad to tell you, Bosnian Girl!
Ist der Text noch zu erkennen, der sich in der Aufnahme abzeichnet?
No teeth, mustache, smells like shit – Bosnian Girl.
Dieser Text wurde von einem unbekannten niederländischen Soldaten auf die Mauer der Armee Baracken in Potocari, Srebrenica 1994/95 geschrieben. Die Royal Netherland Army Troops waren als Teil der UN Friedensmission UNPROFOR in Bosnien und Herzegowina zwischen 1992 und 1995 für den Schutz der Sicherheitszone Srebrenica verantwortlich.
No teeth, mustache, smells like shit – Bosnian Girl.
Diese Worte sind das, was sich einschleicht, wenn die Performance der Gefühle zur Bedingung von Menschlichkeit gemacht wird. Sie entstehen in einer internationalen Schutzzone, die zum Schauplatz einer Brutalität wird, die der Regulierung von Leben dient. Was effektiv aus dem Raum der Transparenz, der Zivilisation und der Sicherheit ausgeschlossen werden soll, ist der Tod. Er wird versteckt, er wird zu einer schamvollen Angelegenheit, zum Tabu. Jene Macht, die Leben herstellen soll, anerkennt den Tod nicht mehr an, sie ignoriert den Tod. Die Anspornung von Affekten macht den Tod zu einem Kollateralschaden, der nebenbei passiert, zu etwas permanentem, das ins Leben hineinsickert und es schwächt. Der Tod schleicht sich ein, er macht es unmöglich eine Unterscheidung in menschlich und unmenschlich zu treffen. Er macht jeden, der weint, zu einem, der einen Berg von Leichen hinter sich hat. Er macht jedes Subjekt zum Teil einer Gesellschaft, die sich schon lange aufgelöst hat und nicht mehr reflektierbar ist. «
EDITH ERTL-HOFINGER UND BIRGE KRONDORFER
Die »Frauenhetz«. Feministische Bildungsstätte und Frauenraum in Wien.
Eine inszenierte Vortragung
Schutzraum, (nicht nur) feministisch gewendet, kann Verweigerung der Zumutungen des Mainstreamings und provokante Proaktion gleichzeitig bedeuten und stellt somit einen Positions- wie Positionierungsraum zur Verfügung, der Frauengenerationen übergreifend Erfahrung mit Utopie verknüpfen kann. Als feministische Ideen- , Geschichts- und Handlungsspeicher, als Anerkennungsräume in der Zeit, die nolens volens Grenzen zur Voraussetzung haben, erscheinen politische Frauenorte als Regenerierungsräume ebenso, wie als konkrete Solidaritäts(übungs)räume. Es braucht systemferne Räume, soweit das eben geht, um sich ein Urteil bilden zu können und Kollaborations-und Handlungsräume zu leben.
Vor 20 Jahren wurde die »Frauenhetz – Feministische Bildung, Kultur und Politik« in Wien gegründet, die seitdem in basisdemokratisch organisiertem Engagement und auf ehrenamtlicher Tätigkeit basierend existiert. «
METTE KIT JENSEN
Flâneuse
I have become interested in the practice of »Flanieren« as an artistic method. A flaneur is a loafer; a person who enjoys idling about on the street. A flaneur is an ambitious figure driven by curiosity and a desire to be close to reality. On the other hand, in order to distance himself from the same reality, a flaneur is flamboyant and carefully stages his behaviour. In cultural history, a flâneur usually was a man. I have decided to define the female flâneuse.
By taking long walks, I have developed a sense for the qualities of coincidental experiences or encounters on the streets. A couple of years ago I began writing down my experiences. Stories that particularly grab my interest are those dealing with cultural contrasts and gender relations.
My contribution to »Protective Space« is a two-day stroll through Bremen; I will be present as a »Flâneuse« observing and interpreting the city as a foreigner. The observations will culminate in a performative walk, and will be documented by a humoristic text with photos, and objects. «
LILLA KHOÓR
I thought I missed the place…
(Ongoing project, 2011-) The project is focusing on different aspects of women's stories of migration. How do gender roles change and how do women emancipate themselves from gender constraints through migration? The topic of migration is very often discussed on different platforms, however, most of the time from only an economical point of view.
The installation consists of drawings and sound material which is a selection of interviews with first generation migrant women living in London, coming from diverse ethnical, economical background. They all had different reasons to migrate and different coping strategies regarding settling in a new country, building up connections, language issues, dealing with society’s pressure on women on various levels.
Scientific methods as specific ways of storytelling are another focus of the project. How do life stories of migration get interpreted through scientific processes and become stories of collective knowledge? What are the methods of analyzing these stories? How are different narratives created on different levels (levels of the storyteller, the researcher, the receiver)?
Examining different phenomena of storytelling, how can we detect different ways, methods and problems of creating stories of one's own about identity, place and changes? «
POLONCA LOVŠIN
(Obrat Culture and Art Association)
Beyond a Construction Site
A Community-Based Garden Intervention in a Degraded Urban Space in Ljubljana. Location: The fenced-off construction site, Resljeva Street, Ljubljana, Slovenia. Duration: August 2010–present. Initiator: Obrat Culture and Art Association (Stefan Doepner, Urška Jurman, Polonca Lovšin, Apolonija Šušteršič). More: http://onkrajgradbisca.wordpress.com/english/
In collaboration with neighbourhood residents and other interested people, we have been transforming a long-fenced-off plot of land (not far from the city’s main railway station and the Old Town) into a community space intended for urban gardens, socializing, ecological projects, education, and culture. In this way we are realizing the goal of the project Beyond a Construction Site, which is to examine and show the potential of degraded urban areas and the possibility of their receiving new value through temporary use and community-based interventions. Parallel to this the goal of the project is to enable spatial planning and developing in a participatory and processual way as well as enhancing and promoting possibilities for urban ecological gardening. www.obrat.org «
LENE MARKUSEN
Flyer
An merkwürdigen Orten, in Durchgangsbereichen und Übergangszonen, vor dem Bahnhof und am Rande des Wochenmarkts fallen sie uns zu: Heilsbotschaften, Glücksversprechen, Trostworte. Flyer, die vom »Leben in einer neuen Welt« künden, von der »größten Liebesgeschichte aller Zeiten«, von »Frieden inmitten von Schwierigkeiten«. In der Abseite unter einer Treppe des Ausstellungsraums ist eine Projektion zu sehen: Eine Abfolge von schnell wechselnden Bildern - Blumen und Gärten, schöne Steine, glückliche Paare, strahlende Kindergesichter, prächtige Tempel, schützende Hände, Sonnenaufgänge und Farbkreise. Gedämpft, wie aus einem abgeschlossenen Innenraum, sind unterschiedliche liturgische Klänge, Sprach- und Gesangsfragmente, zu hören. Vorstellungen von Einsamkeit und Gemeinschaft, von spirituellen Sehnsüchten und Versprechen werden erfahrbar.
(»Flyer«, Videoinstallation, 6:30min. Sound: Christian Mevs/Lene Markusen.) «
NADJA MAURER
Zur Anthropologie der Sicherheit
Gegenwärtige Praktiken der Steuerung, Regulierung und des Policing sind eng verwoben mit Sicherheitsdiskursen, die „Governance“ vielfach erst ermöglichen. Konstruktionen von Feindbildern und Bedrohungsszenarien, die implizit oder explizit auf Devianz (gleich welcher Ausrichtung), Migration und Terrorismus zielen, haben sich überlagernde Sicherheitsdiskurse hervorgebracht und formen diese. Die derzeitige Betonung von Sicherheit, Schutz und Risikominimierung für den Bürger verläuft parallel zum Rückbau von Staat mit dessen zentralen Funktionen Wohlfahrt und Repräsentation. Kontrolle und Governance legitimieren sich mithin durch die Bereitstellung von Sicherheit. Zugleich wirft die bestehende enorme Nachfrage nach Sicherheit die Frage auf, wie Menschen jeweils Sicherheit konzeptualisieren. Der globalisierte Warenkorb der Sicherheitsindustrie – mit Produkten wie Community Policing, Peacekeeping-Missionen, Sicherheitsarchitektur u.v.m. – negiert nicht nur, dass Konzeptionen von Sicherheit auch auf lokalen Mikroebenen entstehen und historisch bedingt sind, sondern vernachlässigt zudem Fragen nach Gender, Alter oder Ability (fast) vollständig. «
Vanessa Nica Mueller UND Anna Lena Grau
Vier Wände – Four Walls
Anhand einer Auswahl zeitgenössischer künstlerischer Kurzfilme werden verschiedene Perspektiven und künstlerische Strategien präsentiert, die das Verhältnis von Innen- und Außenräumen, von privat und öffentlich, von Psyche und Gesellschaft ausloten.
Räume und Orte der Geborgenheit und des Schutzes – eingefasst von vier Wänden – geraten ins Wanken. Die Grenzen zwischen konkretem und imaginärem Raum beginnen sich aufzulösen und das Wohnhaus bzw. der private Raum wird zum Psychogramm seiner BewohnerInnen.
Der schmale Grad zwischen Heimelig und Un-heimlich, zwischen Schutz und Bedrohung wird auf unterschiedliche Art und Weise filmisch reflektiert.
Filmscreening und Diskussion, kuratiert und moderiert von Vanessa Nica Mueller und Anna Lena Grau, mit Filmen von: Zaheed Mawani, Suse Itzel, Corinna Schnitt, Helena Wittmann. «
HELENE VON OLDENBURG
Sneak-in. Eine neue urbane Lebensform
Wohnraum wird immer teurer und knapper. Die Kosten für Wohngeld – Heizung, Wasser, Strom, Kommunikation, Kleidung – steigen. Teilen, Tauschen, Doppelnutzung werden zum Trend. Die Cebit prägt den Begriff »Shareconomy«.
Fast unbemerkt hat sich eine Bewegung entwickelt, über die bisher nur wenig bekannt ist. Das sogenannte Holobiont home. Holobiont Home bezeichnet ein Leben im Verborgenen, eine Art parasitisches Schattendasein. Dabei macht mensch sich ungenutzte Ressourcen zu nutze. Fast 40% der Wohnungen stehen pro Tag 4 bis 12 Stunden leer, weil die Wohnungsinhaber_innen arbeiten, studieren, einkaufen oder im Urlaub sind. Diese stillen Zeiten nutzt die Holobiont Home comunity. Unbemerkt verschaffen sie sich Zugang zu einer zeitweise leer stehenden Wohnung, profitieren von Heizung, Badezimmer, Haushaltsgeräten, Computern, Telefon, manchmal auch Kleidung und Nahrungsmitteln. Sie sind bis in kleinste Details informiert über das Leben der Wohnungsinhaber_innen, haben ein ausgefeiltes Überwachungssystem bis zur Handyortung und sind in einem hohen Maße organisiert, diszipliniert und aufmerksam. Meist gehören 4-7 Wohnungen zum Portofolio. 24 Stunden pro Tag und 7 Tage die Woche muss eine leere Wohnung verfügbar sein.
Holobiont Home – the Manual ist ein Lehrbuch mit Anleitungen, Übungen und hilfreichen Insidertipps. «
JELKA PLATE
Rekonstruktion des Berliner Schlossplatzes nach Plänen der Urlandschaft
5.000 Jahre vor unserer Zeit
Ich behaupte, dass Bauarbeiter im Zuge der vorbereitenden Grabungsarbeiten zum Wiederaufbau des Stadtschlosses auf Findlingsblöcke gestoßen sind, die während der letzten Eiszeit vor ca. 30.000 Jahren durch gewaltige Gletscher von Skandinavien nach Norddeutschland und schließlich in das Gebiet des heutigen Berlin transportiert wurden. Die Gletscher begannen vor 20.000 Jahren zu schmelzen und hinterließen Unmengen von Steinen, Geröll und Sand, die die Berliner Urlandschaft mit Flüssen und Seen gestalteten.
Der Bau des Schlosses muss gestoppt werden! An seiner Stelle soll das Berliner Urstromtal nach Plänen von 5.000 Jahren vor unserer Zeit rekonstruiert und für Menschen gesperrt werden. Ohnehin geht der Name Berlin auf die slawische Wurzel »brl«, was soviel wie »Sumpf« heißt zurück. Verbunden mit der Endung »–in« bedeutet das »trockener Platz mitten im Morast«.
Gespräche mit einem Vegetationshistoriker haben ergeben, dass sich dann zwischen den beiden Spreearmen ein Sumpfwald befände, der von Schwarzerlen, Stiel-Eichen, Moorbirken, Schilf, Schwertlilien, Pfeifengras, Engelwurz und Blutweiderich besiedelt wäre. «
RAHEL PUFFERT
Schutzräume für Bildung
Angesichts der Umstrukturierung der Universitäten (aber auch vieler anderer Bildungseinrichtungen), die mit Stichworten wie Privatisierung, out-put-Orientierung und einer erhöhten Kontrolle nur recht grob umrissen ist, geht es diesem Beitrag um ein Plädoyer für die Einrichtung von Schutzräumen für Bildung. Handelt es sich bei »der Bildung« also um ein vom Aussterben bedrohtes Phänomen? Geht es um eine Arterhaltung?
Mein Versuch sowohl Bedrohung als auch Bedrohtes besser zu verstehen, macht Anleihen bei der »Kunst des Reformierens« und bei Hannah Arendts Theorie des Handelns. Letztere hatte immer wieder davor gewarnt, Kontrollierbarkeit auf einem Gebiet zu erreichen, wo es grundsätzlich keine Sicherheit geben kann und man mit Risiken und Gefahren umgehen muss. In diesem Sinne mündet der Vortrag bestenfalls in eine Diskussion über konkrete Schutz-Maß-Nahmen. «
RENA RÄDLE UND VLADAN JEREMIĆ
Out Praxa
Der Ausstellungsbeitrag umfasst das Video Out Praxa und das Foto-Booklet Novi Zivot / New Life aus der Arbeitsserie Psychogeographical Research. Hintergrund dieser Arbeiten ist ein gesellschaftlicher Konsens, nach dem die Welt gewissermaßen aus Determinationen wie Geschlecht, Nationalität, Religion und soziale Position konstruiert ist. Diese sog. »Realitäten« zwingen uns zur Identifikation mit Kategorien, die als Bestandteile eines Machtsystems funktionieren und auf dem Dualismus von Ausschluss und Integration basieren. Nur wer eine bestimmte Identität repräsentiert, kann eine aktive Position innerhalb dieser Konstruktion einnehmen (zum Beispiel Rechte für eine bestimmte Gruppe einfordern). Damit wird jedoch der grundlegende Mechanismus der Macht reproduziert und der Konflikt vervielfältigt.
In unserer Praxis versuchen wir ein Subjekt zu entwickeln, das nicht auf Identität basiert und somit nicht zu repetierendem Verhalten gezwungen ist. Dieses Subjekt ist ein temporärer Ausdruck von Beziehungen (die bis zu einem gewissen Grad vielleicht auch nachvollziehbar sind). Es repräsentiert keine der gesellschaftlichen Instanzen und hat keine bestimmte Form. Es entsteht in der direkten Interaktion mit anderen Menschen und im direkten Kontakt mit der Umgebung. Es erwächst aus Begegnungen und Situationen, die nicht vermittelt, nicht erwartet und nicht dem Blick der Öffentlichkeit ausgesetzt sind. «
CLAUDIA REICHE
Das Intervall als Schutzraum
Zu Dziga Vertovs Montage »zwischen den Bewegungen«
Der Vortrag probiert anhand Dziga Vertovs Montageverfahren, einen waghalsigen Schutzraum zwischen den Bildern eines Films (und deren Deutungen) zu entdecken. In Tri pesni o Lenine (SU 1934) ist »Lenin« filmisch geschrieben, als Toter, als Identifikationsfigur, als Revolution.
Eine besondere Zeitform in Film, Medientheorie und Politik ist maßgeblich für Vertovs un/identitäres Experiment: Nicht nur der Sozialismus, auch die Revolution hat eigentlich noch nicht stattgefunden und wird immer schon gewesen sein – ohne präsentisch und ‚da’ zu sein. Das Präsentische, das Film in der Wahrnehmung erzeugt, basiert auf einer Ab-wesenheit, ähnlich einem Toten, der mit dem Tode sein umso wirksameres ‚Nachleben’ entfalten kann. »Der Stoff – die Elemente der Bewegungskunst – sind die Intervalle [...] und keinesfalls die Bewegungen selbst. [...]. Die Organisation der Bewegung ist die Organisation ihrer Elemente, d.h. der Intervalle.« [Dziga Vertov 1922]
Konnten filmische Intervalle im Stalinismus Schutzraum bieten oder einen Hinterhalt für Angriffsbewegungen? «
VIOLA RÜHSE
Siegfried Kracauers Suche nach einem ideellen Refugium
Einen wichtigen gedanklichen Ausgangspunkt stellte für Siegfried Kracauer die »transzendentale Obdachlosigkeit« des modernen Menschen infolge der Säkularisierung und der Emanzipation von umfassenden Ordnungssystemen sowie Institutionen dar. Bei seiner Beschäftigung mit der modernen Massenkultur sah Kracauer Bars und Tanzlokale als Fluchtorte der Zerstreuung für seine ideell unbehausten Mitmenschen an. Die modernen Amüsierbetriebe wurden von ihm auch als »Asyl[e] für [ideologisch] Obdachlose« charakterisiert. Während der Weltwirtschaftskrise scheute Kracauer ebenfalls nicht davor zurück, die Wärmehallen und Behelfsunterkünfte der vielen Arbeitslosen in Berlin zu besuchen. In dem Beitrag für das diesjährige »thealit lab« wird Siegfried Kracauers Beschäftigung mit verschiedenen ideellen und realen Schutzräumen im jeweiligen historischen Kontext analysiert und um eine feministische Perspektive ergänzt. Auch wird auf Kracauers Überlegungen zu besseren und effektiveren Refugien gegen ideelle und materielle Obdachlosigkeit eingegangen. «
Z. SCHMIDT
Audioinstallation
Lassen sich die wirklich guten Schutzräume überhaupt auffinden?
Ausgehend von der Annahme, dass Räume und Orte sich durch Handlung/Gesellschaft konstituieren.
Ein Schutz-Raum kann demnach als aus Handlungen bestehend gedacht werden. Die Handlung wiederum kann ein Zeigen, oder auch ein Nicht-Zeigen von Bildern, vor allem von Menschenbildern, sein.
Handlung kann ebenso die auditive Anregung zum Aufkommen lassen eigener, flüchtiger Bilder im Kopf sein.
Oder Handlung wird gedacht als Irritation der Erwartungshaltung gegenüber den zu zeigenden Bildern. Handlung gedacht als das Durchkreuzen nicht gezeigter Bilder durch mögliche auditiv gebildete oder hervorgerufene Bilder.
Die Arbeit, eine Zusammenstellung, eine Collage, im weitesten Sinne ein Geräuschbild.
Die Viel-Farbigkeit und Materialitäten entnommen aus geschenkten Geschichten von Menschen um mich herum, deren eigenen Lebenswelten und Bezügen, persönlichen Schutzräumen zugrunde liegend. «
SIR MEISI (RUBY SIRCAR UND WOLFGANG MEISINGER)
Der Geheime Garten
Das koloniale Schaffen von Kleinstparadiesen, verbunden mit einer (imaginierten) Landflucht und das Untertauchen in utopische Kokons finden wir auch heute in urbanen Settings: Public Gardening als Massensport in einer kapitalistischen Krisensituation, zum Beispiel in Wien, und der neo-imperialistische Kauf von billigem Land in südosteuropäischen Nachbarländern, sind zum Teil Ausdruck eines bourgeoisen Cocooning. Sir Meisi katalogisiert in ihrer Performance Merkmale, die (neo-)koloniale und kolonialisierende Schutzräume ausmachen. Jede_r Partizipierende des Projekts ist dazu eingeladen das Zine zu nutzen, umzunutzen und zu erweitern!
Wie? Ganz im Sinne von DIT soll ein gemeinsamer paradiesischer Schutzraum erzeugt werden, der dann beliebig erweitert werden kann – durch Zeichnungen, Zitatphrasen und andere beigesteuerte Wissensschnipsel. Sir Meisi werden diesen Vorgang anleiten, moderieren und mitbesprechen. «
ANNA SZIGETHY
Frauen, Hauskleider
Der Ausstellungsbeitrag besteht aus einer Fotoserie, einer Videoarbeit und einer Objektgruppe mit Hauskleidern oder Morgenröcken. Auf den Fotos und im Video sieht man Großstadtbilder aus dem östlichen Europa. Sie prägen den Charakter der Installation: Diese Orte bezeichnen den gesellschaftlichen, städtebaulichen Rahmen ihrer BewohnerInnen, ihre Umgebungen.
Die Kleidungsstücke gruppieren sich zu einer kuriosen Armee, ohne nähere Identität, aber in sehr verschiedenen Variationen von Mustern, Farben oder Schnitten. Sie sind aus Kunstfaser hergestellt, aus dem revolutionären Stoff der Moderne; dennoch lebt in ihnen auch die Tradition der weiblichen Hauskleidung des 19. Jahrhunderts weiter.
Die Fotoarbeiten aus der Serie »Stadtbild, gleichzeitig« sind Collagen: Typische osteuropäische Stadtbilder, schwarz-weiße Architekturfotografien in der Ästhetik der 1960er Jahre (der Planungsepoche kommunistischer Großstädte und Plattenbausiedlungen), sind mit Detailaufnahmen der Kleidungsstücke verbunden.
Im Video sind Ausschnitte eines ungarischen Spielfilms aus sozialistischer Zeit zu sehen, der das reale Leben der Frau im modernen Ungarn darstellt. Brüche im kommunistischen Menschenbild (das Gleichberechtigung der Geschlechter und die Selbständigkeit und Aktivität der Frau in der Gesellschaft propagiert) werden sichtbar. «
SUZANNE TREISTER
To The Council And Participants Of Schutzraum Laboratory
This project consists of 5 »Schutzraum« propositions in the form of drawings with explanatory text. These propositions are presented for viewing, discussion and comment by the »Council of Schutzraum« and associated members at the »Schutzraum« Laboratory in September 2013.
The 5 propositions are for: A Private Data Warehouse on the Moon; A Data Coat Shelter: A Tree Shelter City Regeneration Project; An Amulet/Talismanic Object to protect against the effect of ‘evil’ Algorithms; An Anarchist’s Lookout.
The 5 propositions/drawings shall be pinned to a wall and copies printed or photocopied so that individuals are able, during the period of the laboratory, to write their comments in the form of »advantages« and »disadvantages«, in the free space on each page.
These drawing pages with comments will be archived by the organisation and copies sent back to me. «
LAILA UNGER
Schlafwerkstätte
Schlafen ist ein Gegenstand wachsender Auseinandersetzung geworden. Das wundert nicht, denn der Schlaf ist ein Moment der Intimität des Einzelnen, die in einer Zeit mit immer größerer Forderung nach Transparenz auf dem Spiel steht. Die Rückzugsmöglichkeiten in einer Arbeitswelt, die Zeiten wie Tag und Nacht, Werktag und Feiertag oder die Räume von Arbeit und Leben entgrenzt, sind rar. Wie im Falle der Ruheräume am Arbeitsplatz oder der mietbaren Schlafplätze sind sie kommerzialisiert und sicherlich hierzulande auch nicht die Regel. Schlaf wird schon längst als Reproduktionsphase, als Teil der Arbeit betrachtet. Welche Möglichkeit hat der ständig verfügbare Mensch zu einem Rückzug jenseits der eigenen Wohnung im urbanen Raum? Kann er sich dort einen Schutzraum schaffen?
Eine Gruppe von höchstens 8 Teilnehmenden sucht unterschiedliche Orte im öffentlichen Raum Bremens auf, um mit einem Sleep Kit am Tag und in der Nacht für mehrere Stunden die Rückzugsmöglichkeiten zu erkunden.
Eine Dokumentation ist Teil des Workshops.
06.09.2013, ab 16h Installation der Schlafwerkstätte
07.09.-08.09.2013, 10h-20h, Schlafen für Bedürftige und Interessierte
Ort: Bremer Osterdeich unterhalb des Bürgerhaus Weserterrassen
Schlafbedürftige und Interessierte können sich im Vorfeld während des Symposiums anmelden oder versuchen, vor Ort einen Schlafplatz zu bekommen. Oder mailen an: info@thealit.de «
ANNETTE WEHRMANN
Luftschlangen-Texte (Soundinstallation)
Die Bezeichnung »Luftschlangen-Texte« verweist auf den performativen Zusammenhang, für den sie verfasst wurden. In den 1990er und 2000er Jahren beteiligte sich Annette Wehrmann mit ihren Performances international an zahlreichen Projekten und las ihre auf Luftschlangen getippten Passagen, indem sie den im Raum verteilten, gewundenen, ineinander verkeilten bunten Textträgern folgte. In der Soundinstallation sind Mitschnitte von zwei Hamburger Performances zu hören.
Annette Wehrmanns künstlerisches Wissen »konterkariert das akademische Know How oft, es erzählt vielmehr von einer Verpflichtung, die die Stadt, den Raum, den eigenen Körper direkt angeht […]. Teil und nicht Zusatz ihrer Arbeiten sind Texte, die einen sozialen und utopischen Denkraum aufmachen, der sowohl von ihren theoretischen Auseinandersetzungen erzählt, als auch davon, wie sehr sie Teil kollektiver Arbeitszusammenhänge war. Es ist wichtig zu betonen, dass viele Arbeiten in diesen Zusammenhängen entstanden, z.B. die Ufoserie oder die Luftschlangentexte, Performancefotos und Aquarelle für gemeinsame KünstlerInnenpublikationen. Es ist auch wichtig zu betonen, dass das Arbeiten in solchen Zusammenhängen eine große Herausforderung ist. Denn es bedeutet eine ungeheure Anstrengung, diesen kollektiven Raum aufzutun und zu halten, wie eine Luftblase in einem gesellschaftlichen Gravitationsfeld, das Selbstorganisation eben zu jener Zwangsorganisation des Selbst umwandeln möchte, in der jede Form von Sozialität verwertet wird, vereinzelt und verstummt. Die Erfahrung zeigt, und wir können es auch hier sehr genau sehen, dass Arbeiten, die diese Anstrengung verinnerlichen und austragen, oft eine anders geschärfte, hellsichtigere Qualität innehaben als die übliche Kunstproduktion, die in der Akademie beginnt und in den Institutionen zur Ruhe geht.« [Alice Creischer] «
ANNA-LENA WENZEL UND SILKE NOWAK
Die privaten Schutzräume der Verena Pfisterer
Die Künstlerin Verena Pfisterer, 1941-2013, zog 1967 nach Abschluss ihres Kunststudiums von Düsseldorf nach Berlin und begann ein Studium der Soziologie und Psychologie.
Erst 2001 zeigte sie in einer Galerieausstellung wieder ihre künstlerischen Arbeiten. Dabei handelt es sich häufig um Raumentwürfe, die ihrer räumlichen Umsetzung noch ausharren. Einige dieser Räume wirken wie Schutzräume – in farbiges Licht getauchte Räume, für eine Person bestimmt. Trotz ihrer Leere vermitteln sie Geborgenheit. Pfisterers Interesse gilt hierbei den Wechselwirkungen von Mensch, Raum und Licht.
In unserem Vortrag möchten wir Pfisterers Rückzug kontextualisieren und mit anderen Verweigerungsstrategien vergleichen. Dabei sollen sowohl die Hintergründe dieses Rückzugs, seine politischen Implikationen als auch dessen Paradoxien zur Sprache kommen. «
Mai’a Williams
Safe Space in Revolutionary Contexts
The question of the need for safe space has been widely debated in European and North American academic and social justice fields. However these arguments have not widely addressed the need and uses of safe space in low intensity conflict zones. My paper addresses the use of safe space primarily in the Egyptian revolution, which began on January 25th, 2011. Specifically in my project, I will be looking at the uses of the informal economy and cultural productions in order to show how the commonly held ideas of safe space in the West do not apply to persons living in low-intensity conflict situations, in which physical survival takes precedence and impromptu communities are created in order to support on various levels, the resistance to state violence. In conclusion, this project, by closely examining safe spaces in the Egyptian revolution sheds new light the creation of safe spaces as havens for physical and psychological renewal. «